"Willkommen im Schöneberger Norden": Der Präventionsrat vom 2. Juni 2016
Einen sehr gelungenen Einstieg in den Präventionsrat vom 2. Juni 2016 schafften Ibo Omari und Hassan Gögremis vom Verein „Kulturelle Erben Schöneberg“: Die witzige Aktion #Paintback gegen Nazi-Schmierereien, als temporeiches Video festgehalten, hat im Netz innerhalb kürzester Zeit beinahe 50.000 Aufrufe und begeisterte Kommentare geerntet. Aus einem Hakenkreuz an der Wand wird … ein Fenster. Eine Eule. Ein ägyptischer Tänzer, aus einer Pyramiden-Grabkammer entsprungen. Ein Kleeblatt. …
Die „Kulturellen Erben“, vor etwa zwölf Jahren gegründet und an Omaris Graffiti-Laden in der Yorckstraße angebunden, kümmern sich um den ganz traditionellen, im Kiez verwurzelten HipHop. HipHop?! Doch, denn dazu, so Omari, gehören vier moderne Kunstformen: Graffiti, Breakdance, DJing und Rap. Und auch, wenn nicht alles immerzu präsent ist im Quartier, zumindest mit Graffitis ist die Szene im Schöneberger Norden ja durchaus seit Jahrzehnten vertraut. Derzeit sind alle „vier Säulen des HipHop“ live erlebbar für alle zwischen 13 und 19 – im Projekt „Kreativ im Kiez“ mit Workshops und zwei großen Events im Gleisdreieckpark.
Natürlich stand nach diesem kreativen Einsteig wie auch sonst beim Forum für Alle der Punkt „Kiez aktuell“ an erster Stelle: So lud Sibylle Nägele zur nächsten Veranstaltung der Charme-Offensive Potsdamer Straße zu Maria Leo ein. Elisabeth Kiderlen, grüne Kulturausschuss-Vertreterin, stellte gemeinsam mit Bertram von Boxberg den neuen Namen für den PallasPark vor: Er soll nach Lili Flora, einem von den Nazis ermordeten Mädchen aus der benachbarten Pallasstraße 12, benannt werden. Dass keine Bürgerbeteiligung vor Ort dazu stattgefunden habe, habe an der kurzen Zeit für die Namensfindung gelegen, entschuldigte sich Bertram von Boxberg.
Ein Bewohner aus der Katzlerstraße berichtete von einem Konflikt mit einer Gruppe von Jugendlichen auf dem Hof seines Wohnhauses. Er war dabei von einem der jungen Männer tätlich angegriffen worden. Der Täter sei bisher noch nicht gefasst worden. Er fühle sich bei der Klärung des Falles nicht ausreichend unterstützt und in seiner Wohnsituation sehr verunsichert. Peter Pulm vom Quartiersmanagement (QM) berichtete, welche Aktivitäten in diesem Fall von Seiten des Team-QM vor Ort ergriffen und welche Gespräche geführt worden sind. Er lud den Betroffenen zu einem klärenden Gespräch mit dem Leiter von Treff 62 und dem Vertreter des Präventionsteams der Polizei ein. Frau Mommert von der Gewobag unterstützte diesen Vorschlag.
Eine Anwohnerin sprach die Lage in den Hinterhöfen in der Steinmetzstraße an. Diese habe sich aufgrund der Aktivitäten in der Straße in der letzten Zeit zwar verbessert, aber es käme immer noch zu Zwischenfällen und Vandalismusschäden, die von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausgingen. Vor allem Dank der Sozialarbeit von Outreach seien es inzwischen weniger Jugendliche. Die Hausverwaltung habe ihre Ankündigungen bisher jedoch nicht wahr gemacht. Frau Mommert von der Gewobag versprach, die versprochene Mieterversammlung sehr bald einzuberufen. Auch würde die Beauftragung eines Sicherheitsdienstes derzeit vorbereitet.
Der neu gestaltete Spielplatz an der Großgörschenstraße, so ein weiterer Punkt, entspräche nicht den Wünschen der Nachbar/innen: Büsche und Lieblingsrutsche seien verschwunden, zuviel Pflaster und Steine brächten Verletzungsgefahr für die Kinder. Corinna Lippert, Bezirksamtskoordinatorin für das QM, wies auf das aufwendige Verfahren zur Bürgerbeteiligung bei der Umbauplanung hin. Hier hätten die Nutzer/innen wiederholt Gelegenheit gehabt, ihre Anregungen direkt auf dem Spielplatz mit der Planerin zu diskutieren. Auch habe es öffentliche Veranstaltungen zu dem Thema im Kiez gegeben. Die Planung sei so mit den Bewohner/innen gemeinsam erarbeitet worden.
„Willkommen im Schöneberger Norden“ - unter diesem Motto stellten sich im Prärat-Hauptteil mehrere Flüchtlingsprojekte vor.
Den Einstieg machte Moussa Issa, langjährig engagierter Bewohner aus dem Stadtteil: Er las seinen bewegenden Text „Die Macht der Sprache“ zu seinen eigenen Flucht-Erfahrungen vor, und dazu, wie man sich mit ehemalige Feinden versöhnen und so Frieden finden kann.
Ali Kamaleddine von Gibran, Deutsch-Arabische Sprachschule, und Remzi Uyguner vom QM berichteten aus den beiden QM-geförderten Projekten „Flüchtlinge im Quartier“ und „Willkommen im Schöneberger Norden“. Ziel der Projekte sei einerseits, dauerhafte Patenschaften zwischen Geflüchteten und Nachbar/innen zu etablieren. Andererseits wolle man gemeinsam Ausflüge in den Stadtteil machen – zur Geschichte vor Ort, zu Lernstationen und -Möglichkeiten, zu kulturellen Einrichtungen. Die Geflüchteten aus dem Quartier treffen sich regelmäßig mit Ehrenamtlichen im QM-Büro. Die ehrenamtlichen Helfer begleiten die Geflüchteten zum Beispiel zu Ämtern und unterstützen sie bei der Wohnungssuche. Zu den Treffen werden immer wieder Menschen eingeladen, die die Geflüchteten über wichtige Themen informieren (z.B. Wohnungsunternehmen, Gesundheitsamt). Das Netzwerk entwickle sich immer weiter, die Geflüchteten fühlten sich, so ihre eigenen Erzählungen, im Projekt wohl und gut begleitet.
Die Integrationslotsen von Harmonie e.V. stellten sich gemeinsam jeweils auf Deutsch und in ihrer Zweitsprache vor: Seit einiger Zeit gehören zu ihnen auch Menschen, die selbst Fluchterfahrung haben und so die Probleme von Neuankömmlingen noch besser verstehen. Eine aktuell sechsköpfige Gruppe hilft individuell bei Ämtergängen, Kitaplatz-Suche oder Konto-Eröffnung, beim Ausfüllen von Formularen oder ganz alltagspraktischen Dingen. Vom Bezirk sind sie mit der Betreuung von fünf Einrichtungen betraut und bieten eine Sprechstunde im Jobcenter an. Viele der inzwischen schon über 1.100 Ratsuchenden kämen aus Syrien, dem Irak, Moldawien oder der Russischen Föderation. Beratungen bei Harmonie an der Katzlerstraße 11 gibt es regelmäßig auf Deutsch, Russisch (Mittwoch 15 – 18 Uhr) und Arabisch (Donnerstag 13 – 16 Uhr), weitere Termine, auch auf Aramäisch, können direkt bei Harmonie e.V. telefonisch vereinbart werden.
Vom gelungenen Austausch mit der Notunterkunft im ehemaligen „Hotel Präsident“ nahe der Urania erzählte Jutta Husemann, Leiterin der Nachbarschafts- und Familienzentrums des PFH in der Kurmärkischen Straße: Dort habe sich ein sehr großes Netzwerk entwickelt, auch bei einem fröhlichen Fest mit afghanischen und syrischen Familien. Kinder und Jugendliche aus der Unterkunft kommen auch für Freizeitangebote in die Kurmärkische Straße. Dort gibt es schon lange Beratung auf Deutsch, Arabisch und Türkisch (u.a. den wöchentlichen Termin für syrische Frauen oder freitags die Beratung auf Arabisch - hier geht es zum Programmüberblick), teils in Zusammenarbeit mit der Union der syrischen Studenten und Akademiker.
Sozialarbeiterinnen vor Ort unterstützen auch auf Arabisch – allerdings werden noch ehrenamtliche Farsi-sprechende Menschen gesucht, um den vielen Anfragen gerecht werden zu können. Zukünftige Themen in der Kurmärkischen Straße werden unter anderem die Wohnungs- und Arbeitssuche für Geflüchtete sein.
Erfreulicherweise waren zum ersten Mal zahlreiche Geflüchtete unter den Besucher/innen des letzten Frobenstraßenfestes im Mai.
Zum Abschluss wies Peter Pulm vom QM noch auf die anstehenden Veranstaltungen und Nachbarschaftsfeste hin und lud die Anwesenden herzlich dazu ein: Das Frobenstraßenfest sei wieder sehr schön gewesen – nun freue man sich auf das Jugend-Fußballturnier aus den Religionsgemeinden vor Ort, den Anpfiff 16 am 4. Juni, die schöne[w]ort tage am 9. Juli und das gemeinsame Schul- und Steinmetzstraßenfest auf dem Schulhof der Neumark-Grundschule am 15. Juli.
Und für alle, zum schon im Voraus notieren: Nicht zu vergessen natürlich das Großgörschenfest am 4. September und die Bildungsmesse am 16. September!