Zug der Erinnerung auf Station in Berlin
Gerade in Schöneberg wohnten bis in die Nazizeit viele jüdische Berlinerinnen und Berliner - der „Zug der Erinnerung" mit seiner Wanderausstellung zu den Abtransporten von Kindern und Jugendlichen hält nun in Berlin, unter anderem an den Stationen Westhafen und Grunewald.
Derzeit fährt dieser Zug durch alle Medien, denn die Bahn AG stellt sich stur und will das rollende Mahnmal nicht an den wichtigsten Stationen der damaligen KZ-Transporte halten lassen. Die Sperrung begründet die Bahn AG mit „betrieblichen" Erfordernissen. Beim Hamburger Hauptbahnhof musste die Sperrung nach Protesten teilweise aufgehoben werden.
Auch in Berlin haben die Menschen wenig Verständnis für die Haltung der Bahn. Besonders unsensibel: sie verlangt auch noch kräftige Gebühren für die Benutzung der Gleise. Insgesamt erwartet die private Bürgerinitiative DB-Rechnungen in Höhe von über 100.000 Euro.
Für den Sprecher der Zug-Initiative, Hans-Rüdiger Minow, ist die Verweigerungshaltung ein Affront. "Die Verbrechen des Holocaust wurden seinerzeit möglich, weil Millionen Menschen weggeschaut haben", sagt er. "Aber eben auch, weil die Deutsche Reichsbahn funktioniert hat." Die Deutsche Bahn AG sei deren direkter Nachfolger, das dürfe auch Herr Mehdorn nicht vergessen.
- Für alle, die sich die erschütternde Ausstellung in den Waggons des Zuges ansehen möchten, hier die voraussichtlichen Halte-Termine:
- Vom 13.-14. April in Berlin-Ostbahnhof
- Vom 15.-16. April in Berlin Lichtenberg
- Vom 17.-18. April in Berlin Schöneweide
- Vom 19.-20. April in Berlin Westhafen/Putlitzbrücke
- Vom 21.-22. April in Berlin Grunewald
Weitere Informationen gibt´s jeweils aktuell bei zugnachberlin.de.
Mit dem Zug der Erinnerung informieren deutsche Bürgerinitiativen über die Deportationen von über 12.000 jüdischen Kindern und die Verschleppung Jugendlicher aus zahlreichen anderen Opfergruppen. Von einer alten Dampflok gezogen war der „Zug der Erinnerung" Am 8. November 2007 in Frankfurt a.M. gestartet. Eine mobile Ausstellung, die das Deportationsschicksal in mehreren Waggons darstellt, will insbesondere Jugendliche zur Spurensuche anregen.
Schätzungen gehen davon aus, dass über eine Million Kinder und Jugendliche aus fast sämtlichen Staaten des Kontinents mit der Reichsbahn in den Tod befördert wurden. Die Haupttäter wurden nie bestraft.
An den früheren Deportationsorten bemühen sich Bürgervereine teilweise seit Monaten um Spurensuche nach den deportierten Kindern und Jugendlichen. Die Opfer stammen aus jüdischen Familien, aus Familien der Sinti und Roma oder sind Kinder von Nazi-Gegnern. Ihre Lebenszeugnisse, Fotos, Archivbelege und mündlichen Berichte wird der Zug am Ende der mehrmonatigen Reise zur Gedenkstätte Auschwitz (Oswiecim) bringen. Der Leidensweg der jugendlichen Opfer ist in der deutschen Öffentlichkeit bisher weitgehend unbeachtet geblieben.
Wieviele der deportierten Kinder und Jugendlichen überlebten, ist bis heute unerforscht. Eine deutschlandweite Deportationsliste existiert nicht - sie müsste mehrere zehntausend Namen nennen. Zusätzlich zu den Kindern aus Deutschland waren es Kinder aus ganz Europa, die in die Todeszüge getrieben wurden. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche deportiert wurden.
Nur wenigen gelang es, letzte Briefe aus den Reichsbahn-Waggons auf die Gleise zu werfen, bevor die Züge die Lager erreichten. In den überfüllten Waggons hofften die Kinder auf Hilfe. Aber auf den Abstellgleisen und Bahnhöfen unserer Städte schritt niemand ein.
Weitere Infos:
www.zugdererinnerung.de
www.dtmb.de/Aktuelles/Neue_Dauerausstellungen/Deportationen/index.html
de.wikipedia.org/wiki/Zug_der_Erinnerung
Pressetext www.zugdererinnerung.de/ bearb. Anne Wispler - mit freunlicher Übernahme-Genehmigung von den Sparrplatz-Internetseiten