Werkstattgespräch mit Nagelfeile

„Wenn jemand Sie zum gemeinsamen Schreinern eines neues Tischs einlädt, Ihnen dann aber nur eine Nagelfeile zum Ecken-Abrunden in die Hand drückt, fühlen Sie sich wahrscheinlich auch  übergangen.“ - So beschrieb nach dem „Werkstattgesprächs Stadtumbau Südkreuz“ am 22. April im Rathaus Schöneberg ein Teilnehmer sein Gefühl, und die teils emotionalen Wortmeldungen aus dem Kreis der etwa 50 Besucher/innen lässt schließen, dass es anderen ähnlich ging.

Verblüfft nahmen viele zur Kenntnis, dass ihnen auf Powerpoint-Folien von Vertreter/innen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, des Bezirks und der beauftragten Planungsbüros eine schon weit fortgeschrittene Planung vorgestellt wurde.

Im Rahmen des Förderprogramms Stadtumbau West stehen für die kommenden Jahre Mittel zur Verfügung, mit denen die „Schöneberger Schleife“ - eine Erholungspark-, Fahrrad- und Fußwege-Runde einmal rund um die Schöneberger Insel – gestaltet werden kann. Eine per se gute Idee, an deren Realisierung mancher schon kaum mehr geglaubt hatte.

Kritik hagelte es jedoch an den Möglichkeiten zur Mitbestimmung, wie diese Schleife, speziell der geplante Flaschenhals-Park bzw. sein Pendant entlang der Bautzener Straße, gestaltet werden sollen.

Eine ausführliche Beschreibung des Stadtumbau-Vorhabens „Schöneberg-Südkreuz“ mit Download-Möglichkeit der auch auf der Veranstaltung ausgeteilten Broschüre zum Fördergebiet, genauerer Beschreibung zur „Schöneberger Schleife“ sowie Plänen und Grafiken finden Sie auf den Stadtumbau-Seiten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Zwei Hauptkritikpunkte in Sachen Flaschenhals/Bautzener Straße seien hier kurz angeführt.
Ausführliche Berichte über die Veranstaltung finden Sie auch auf den Seiten des Landwehrkanal-Blogs, auf gleisdreieck-blog.de und bei der BI Gasometer.
Auch der Quartiersrat Schöneberger Norden hat eine Stellungnahme zum Werkstattgespräch formuliert.

Das Gebiet direkt an der Bautzener Straße gehört zum neuen Grünzug innerhalb des Stadtumbau-Gebiets – aber nicht die ganze Straße entlang, sondern nur die Hälfte. Das Grundstück an den Gleisen gegenüber der Bautzener Straße 11 bis hinunter zur Yorckstraße wird von der Vivico zum Verkauf angeboten und ist ausgespart.

Die Anwohner/innen werfen dem Bezirk die Ausweisung des Grundstücks als Baugelände anstatt als Grünfläche vor – natürlich gebe es für den „wertvolleren“ Baugrund mehr Interessenten als für Grün.
So hatte sich ein potenzieller Käufer gefunden, der an dieser Stelle ein Self-Storage-Gebäude aufstellen wollte: mehrere Stockwerke hoch und quasi ohne Fenster, ein reines Lager mit Zufahrten.
„So einen Betonklotz vor der Nase würden Sie auch nicht wollen“, so die Stimmen aus dem Publikum. Dass mit der Zustimmung zum Self-Storage ein Zugang zum Gleisdreieck-Park hätte „erkauft“ werden können, empfanden viele als inakzeptable Zumutung.

Dazu kommt, dass sich die Anwohnerinitiative Flaschenhals – Bautzener Straße (AIF) schon seit vielen Jahren Jahren Gedanken um eine Parkgestaltung entlang der gesamten Bautzener Straße macht:
Gemeinsam mit Student/innen der TU Cottbus und vielen weiteren Kooperationspartnern hatten die Mitglieder ein Konzept für einen „Gebrüder-Grimm-Märchenpark“ entwickelt, in dem auch die historischen Pfunde des Kiezes (die Gebrüder Grimm und viele weitere bekannte Persönlichkeiten sind auf dem nahen Alten St.-Matthäus-Kirchhof begraben) eine große Rolle spielen sollten. Die Entwürfe für so einen Park stießen 2008 bei einer Ausstellung auf sehr positive Resonanz.

In die aktuelle Planung hat davon nichts Einfluss gefunden. „Wir fühlen uns missachtet und abgehängt“, so Mitglieder der AIF. „So geht die Anbindung ans benachbarte Gleisdreieck-Gelände verloren; wir möchten dazu beitragen, diesen blinden Fleck auszufüllen und wünschen uns weitere Werkstattgespräche.“

In welcher Form sich diese und viele weitere Anregungen und Kritikpunkte in den nächsten Runden und vor allem in Planungs-Änderungen wiederfinden werden, fragten sich etliche der Anwesenden.

Das wird sich zeigen: Bei den kommenden Terminen – insgesamt sind in diesem Jahr vier Werkstattgespräche geplant -, soll es um detailliertere Planungen gehen. Das nächste Werkstatt-Treffen mit Schwerpunkt „Flaschenhals“ ist für den Juni geplant, Stadtrat Krömer wird rechtzeitig dazu einladen.

- Sobald der Termin bekannt wird, werden wir Sie auch hier übers Quartiers-Portal informieren.

text: wolk