Vom Straßenstrich bis zum Buchtipp: Der Präventionsrat vom September 2006
Sich über den eigenen Kiez schlau machen, Neues erfahren oder seine eigenen Interessen öffentlich ansprechen: Diese Gelegenheit nahmen am 6. September die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Präventionsrats wahr.
Zum letzten Mal moderierte am 6. September Frau Ziemer, die scheidende Stadträtin für Gesundheit, Stadtentwicklung und Quartiersmanagement, den Präventionsrat Schöneberger Norden – vielen herzlichen Dank auch auf diesem Wege nochmals für ihren großen Einsatz! Frau Ziemer war im Jahr 1998 Initiatorin dieser etwa vierteljährlich stattfindenden Zusammenkünfte, bei denen Anwohnerinnen und Anwohner, Gewerbetreibende, Vertreter/innen von Einrichtungen und Initiativen, aus dem QM, der Bezirkspolitik oder von der Polizei im lockeren Rahmen zusammenkommen und sich völlig unbürokratisch austauschen und gegenseitig informieren können.
Dass diese Möglichkeit gerne angenommen wird, zeigte auch der September-Prärat wieder ganz deutlich: Der erste Punkt der Tagesordnung, „KiezAktuell: Anliegen der Bürgerinnen und Bürger“, nahm den weitaus größten teil des Abends ein. Ein Thema, dass offensichtlich vielen Nachbarn im südlichen Teil der Frobenstraße auf den Nägeln brennt, ist nach wie vor der Straßenstrich.
Dort soll nun – nach langen Überlegungen und Diskussionen – die Anordnung der Parkplätze geändert werden, so berichtete Herr Terlinden vom Tiefbauamt: Statt längs stehen die Autos in Zukunft quer, in der Hoffnung, das Geschäft der Prostituierten so möglichst ungemütlich zu machen. Den Straßenstrich so ganz zu vertreiben, ist unwahrscheinlich, deswegen soll die Situation auch weiterhin beobachtet werden, um gegebenenfalls reagieren zu können. Inetwa zweiWochen ist mit dem Beginn der Baumaßnahme zu rechnen.
Nicht nur das Tiefbauamt ist vor Ort aktiv: Die Sozialarbeiter von SUBWAY kümmern sich um junge Schwule und versuchen unter anderem, bei Konflikten zwischen den Transsexuellen untereinander und mit den Anwohnern zu vermitteln. Außerdem nehmen sie eine Brückenfunktion zwischen Jugendlichen aus der Nachbarschaft und der Polizei ein, wenn es zu Aggrssionen gegenüber den Transvestiten kommt.
Gut sind die Anwohner insgesamt eher nicht auf das nächtliche Treiben zu sprechen – das belegen 81 Unterschriften gegen den Strich. Täglich wanderten Spritzen, Kondome und Drogen in den ganz normalen Müll – eine Gefahr vor allem auch für die Kinder, die draußen spielen. Sie seien, so die Meinung einer Anwohnerin, schutzbedürftiger als die Transvestiten.
Ein „Anlieger frei“-Schild könnte Abhilfe schaffen, so ein Vorschlag der Anwohner/innen – durch die Sperrung der Straße (nur nachts oder prinzipiell) würde der Freier-Verkehr gestoppt. „Mehr Polizeipräsenz“ und „Platzverweise“ hält Herr Maiwald vom zuständigen Polizeiabschnitt nicht für die richtigen Ansätze: Für ständige Patroullien zur Abschreckung gebe es schlicht zu wenig Personal, und Platzverweise müssen rechtlich begründet sein und gelten jeweils nur für 24 Stunden.
Die Vorschläge, die üppigen Grünpflanzen an der Straße zu beschneiden und den nahe gelegenen Fußballplatz nachts durch Fluter zu beleuchten sollen an die zuständigen Stellen im Bezirksamt weitergegeben werden.
Auch unter den Prostituierten gebe es unterschiedliche Einstellungen, so noch ein Hinweis von Frau Gut aus dem Bezirksamt: Bei Gesprächen vor Ort hätten sich einige selbst über das lautstarke Auftreten ihrer „Kolleginnen“ geäußert, das Problembewusstsein sei sehr unterschiedlich ausgeprägt.
Gute Nachrichten gab es beim nächsten Thema: Die Neumark-Grundschule stellte sich kurz vor, eine Schule mit über 300 Kindern aus 21 Nationen.
Ein wichtiges Thema ist für Kinder und Lehrer das friedliche Zusammenleben: Gemeinsam gestalten sie „ihre“ Schule als einen Ort, an dem man gerne lebt. Dazu trägt bei, dass sich die Schüler/innen aus den unterschiedlichen Herkunftsländern auf Deutsch unterhalten – so wird Verständigung möglich. Und wer die Sprache nicht so gut beherrscht, erhält Unterstützung. Daneben gibt es individuelle Förderung auch in Musik und Kunst – und zusätzlich sieht die Schule dank einer neuen Fassade schon viel schicker aus als früher, und eine Mensa, ein Pavillion und ein Spielplatz machen sie nochmal schöner.
Auch die einst katastrophale Lage in Sachen Elternbeteiligung hat sich inzwischen sehr verbessert: Noch ist einem großen Teil gerade der migrantischen Eltern wohl nicht bewusst, wie sehr sie Einfluss auf das Schull-Leben ihrer Kinder nehmen können. Aber einige Eltern sind schon sehr aktiv – und somit ein Vorbild für weitere.
Ein zweites Thema rundete die „Vorstellungsrunde“ ab: Viele hatten noch nichts vom PAF, dem „Präventions- und Ausgleichsfonds“, gehört. Aus diesem Topf können Maßnahmen gefördert werden, die Konflikten beispielsweise in Schulklassen vorbeugen – ein erprobtes Mittel sind hier ausgebildete Konfliktlotsen.
Wegen der angeregten und langen Diskussion zum Straßenstrich wurden einige weitere für das Treffen geplante Themen verschoben. Ein paar kurze Tipps gab es aber noch, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen:
Vom 05.11. bis 10.12. wird es wieder sechs Kochsonntage der Reihe „Global Kochen“ im JugendMuseum geben – Nachbarn aus dem Schöneberger Norden kochen Speisen aus ihren Herkunftsländern, dazu gibt’s Musik, Kunst und Kultur.
Buchtipp: Das neue Buch „Die Potsdamer Straße - Geschichten, Mythen und Metamorphosen"“ (Metropol Verlag, ISBN-978-3-936411-78-2, Preis 19€) ist jetzt im Handel erhältlich! Nähere Informationen dazu finden Sie HIER.
Und, schonmal zum Vormerken: Die nächste Sitzung des Präventionsrats ist am 6. Dezember 2006 um 19.00 Uhr im PallasT (Pallasstraße 35, Ecke Potsdamer Straße).
text: wolk/Öner