Eindrucksvoller Theaterbesuch: „ÜBERdasLEBEN oder meine Geburtstage mit dem Führer“

Im Eingangsbereich der Landesvertretung NRW
Begeisterte Theater-Besucher/innnen (vordere Reihe: Gunter Groß, Theatergründerin Beate Albrecht und Karin Riekmann)

Wie haben Kinder und Jugendliche die Nazizeit erlebt? Wie ist es ihnen gegangen mit dem, was um sie herum geschah – woher kam es, dass die einen mitmachten und andere rebellierten, und mit was für Folgen mussten sie für ihr Verhalten rechnen?
Auf der Grundlage von Zeitzeugenberichten erzählt das Theaterstück „ÜBERdasLEBEN oder meine Geburtstage mit dem Führer“ von Anni, die im Unrechtssystem des NS-Staates aufwächst. Am 30. Januar 2013 konnten es elf Kinder und Jugendliche aus Schöneberg-Nord in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen ansehen – zustande gekommen war diese Gelegenheit über den persönlichen Kontakt von Gunter Groß (Outreach/Villa Schöneberg) zu Beate Albrecht, der Gründerin des mobilen Theaters „theaterspiel“ (aus Witten/NRW).
Die Veranstaltung war initiiert von Dr. Angelica Schwall-Düren, Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes NRW, welche im Anschluss an die Abendvorstellung zu einem Empfang einlud.

Elf junge Menschen zwischen 11 und 20 Jahren aus der Villa Schöneberg, dem PallasT und Schauspieler/innen der Theatergruppe „die Falafels“ kamen also teils etwas aufgeregt in der Landesvertretung an, mit dabei waren auch Gunter Groß von der Villa, Adrian Schmidt vom PallasT und Karin Riekmann von den Falafels.

Die Atmosphäre war freundlich zugewandt: Eine Mitarbeiterin der Vertretung empfing die Gruppe und Mitarbeiterinnen des Cateringservices fragten gleich nach Wünschen. Zunächst ging´s zur Garderobe zum Jacken-Abgeben, das Catering verwöhnte die Gäste mit Getränken und Salzbrezeln.
Dann fing das Stück an - es war interessant, aber nicht alle hielten durch. Einige verkrümelten sich wieder in die Garderobe. Nach dem Stück gingen die „Kleinen“ nach Hause, die „Großen“ blieben, aßen, diskutierten das Stück, tauschten ihre Eindrücke aus und sprachen mit Beate Albrecht vom Theater.


- Die folgende Beschreibung des Stückes stammt von einer Jugendlichen. -

Das Theaterstück von Beate Albrecht sahen wir zum „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus“ am 30.01.2013 in der Landesvertretung des Landes Nordrhein-Westfalen. Es erzählt die Geschichte der kleinen Anni und ihre Erlebnisse nach der Machtübernahme Hitlers. Wie Hitler hat sie am 20. April Geburtstag, meist erzählt sie die Entwicklung in Deutschland und ihre eigene Entwicklung aus Sicht ihres jeweiligen Geburtstages.

Anni ist zunächst als neunjähriges Mädchen total begeistert vom „großen“ Führer und stolz darauf, am selben Tag wie er Geburtstag zu haben. Dies ändert sich jedoch im Laufe der Jahre.

Anfangs möchte sie nicht die einzige sein, die dem Führer nicht folgt. Sie tritt einer NS-Jugendgruppe bei und beleidigt Juden. Unter anderem wird ihr Musiklehrer, Nachbar und guter Freund der Familie auch von ihr gedemütigt und später von den SS Männern verhaftet, weil er ein Jude ist. Das ist zu viel für das junge Mädchen. Sie schämt sich, dem Gruppenzwang erlegen zu sein, und ihre Meinung dem Führer gegenüber ändert sich schlagartig.

Doch da kommt schon das nächste Unglück. Ihr Vater wird geschlagen und dann auch noch verhaftet, weil er der falschen Partei angehört. Was Anni am meisten trifft: Die Übeltäter befinden sich in ihrem eigenen Umfeld. Ihr bester Freund, der Nachbarjunge Hansi, ihre Schulkameraden, Lehrer, alle sind plötzlich verändert und wollen es dem Führer mit allen Mitteln Recht machen.
Von Jahr zu Jahr wird Anni immer rebellischer und protestiert immer lauter gegen den für sie einst so „großen“ Führer. Sie schließt sich sogar einer Jugendbewegung an und wird verhaftet. Ihre Mutter jedoch will es nicht zulassen, ihre Tochter zu verlieren, nachdem die Nazis ihr schon den Mann genommen haben. Sie nimmt alle Vorwürfe auf sich, wird verhaftet und getötet. Anni wird freigelassen und hat nun niemanden mehr. Alle wurden ihr genommen, ihr Vater, ihr Musiklehrer und dann auch noch ihre Mutter, die bis zum Schluss zu ihr hielt und sie bei allem, was sie tat, unterstützte.

Schließlich endet das Stück mit einer persönlichen Kurzfassung des zweiten Weltkrieges. Die wahren Helden und Verlierer werden gezeigt. Einerseits Anni als Siegerin, die sich nicht unterdrücken lassen wollte und für ihre Einstellung gekämpft hat, und andererseits Hansi, der an der Seite Hitlers stets marschiert ist und nun als Kriegsverbrecher gesucht wird.

Das Stück ist dramatisch und durch Musikunterstützung sehr gut auf die Bühne gebracht worden. Für mich persönlich war es Geschichtsunterricht mal anders.
Eine positive Abwechslung zur tristen Theorie der Schule.
M. D.

text: Gunter Groß/Teilnehmerin; fotos: N.N.