Mittwoch, 18.10.2017

Vom Welt-Erkunden bis zur Begegnungszone: Das war der September-Präventionsrat

Fröhlicher Start: Kadriye Karci (re.) vom Team QM interviewte Laurence Barbassetti zur "Sprache der Dinge", Stadtrat Jörn Oltmann bedankte sich für das tolle Projekt

Wie erkundet man mit Flüchtlingskindern zusammen die neue Welt, in die sie plötzlich hineingeworfen sind? „Über alltägliche Sachen, die man anfassen kann“, so die Idee von Laurence Barbasetti vom Theater fragile. Die Künstlerin hat mit Kindern der Willkommensklassen an der Neumark-Grundschule die Sprache der Dinge erkundet. Dinge, die man von allen Seiten angucken, mit hellem Stift auf dunklem Papier nachzeichnen, mit Worten beschreiben kann. „Die Kinder waren extrem offen, da schlägt einem Begeisterung entgegen und man spürt die Neugier auf die unbekannte Kultur“, beschrieb Frau Barbarsetti auf dem Präventionrat Schöneberger Norden, dem Forum für Alle am 28. September 2017 ihre Erfahrung. „Und dass die anderen Schülerinnen und Schüler die Ausstellung auf dem Schulhof so toll fanden, zeigt, dass auch die Ausgrenzung der Flüchtlingskinder geringer geworden ist.“ Klar, dass einige aus dem Publikum sich die Hälse verrenkten, um die an der Seite des Saals im PallasT ausgestellten Ergebnisse des Projekts anzugucken!

Das Quotreach-Präventionsteam macht Streetwork rund um den U-Bahnhof Yorckstraße

Ein sehr schönes Projekt – doch dann ging der September-Pärat  zu einem schwierigen Thema über, das den Schöneberger Norden zunehmend betrifft: Dennis Riechmann, Timo Yadav und Natalie Jüdemann vom neuen Outreach-Präventionsteam stellten sich vor. Sie machen seit neustem Streetwork schwerpunktmäßig im Gebiet um den U-Bahnhof Yorckstraße und kümmern sich dort um die Drogenszene. „Ein hartes Thema, aber wir wollen die Plätze wieder zurückholen“, erklärte Dennis Riechmann. Die Kärtchen mit Telefonkontakten zu den dreien „bei allem rund um Drogen“ waren rasch verteilt, das Thema drückt zunehmend.

"Leute, miteinander sprechen hilft, Vieles lässt sich so lösen!" - Aufmunterung zum Dialog

Der Punkt „Kiez aktuell“ startete überraschend positiv: „Leute, redet miteinander, das bringt wirklich was!“, berichtete Herr Pohl, Anwohner der Baustellen-geplagten Straßenseite der Bautzener Straße. Gegenüber entstehen Neubauten, Lärm und Dreck und Staub inbegriffen. „Wir haben das Gespräch mit dem Bauherren gesucht, statt gleich vor Gericht zu gehen. Und auch dank der Unterstützung von Bezirksseite haben wir fast all unsere Ziele erreicht.“ Seinen  Dank richtete er auch an Stadtrat Oltmann, der sich in die Gesprächen eingeschaltet hatte hatte.
„Wann wird die Potsdamer Straße zur Tempo-30-Zone, wie wollen Sie das dann überprüfen und wie steht es mit Fahrradschutzstreifen?“, das waren die nächste Frage von Anwohner/innen. Gut, dass Herr Wohlfarth von Alm aus der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz als Gast im Saal war: Der konnte gleich antworten, dass die Planungen dazu laufen und sich im kommenden Jahr etwas tun sollte. Aber auch wenn nun unter Rot-Rot-Grün Geld dafür da sei, so ein großes Projekt gehe einfach langsam vonstatten. Zwar werde die geplante Straßenbahn erst mal nur bis zum Kulturforum gehen, dennoch müssten sich ja Radler den begrenzten Platz mit Autos und Bussen teilen – nicht einfach.

Wohin wendet man sich, wenn eine Werbung ins Schlafzimmer blinkt?

Zwei Anfragen drehten sich in unterschiedlicher Weise ums Licht: Gerhard Haug bemängelte grell blinkende LED-Werbung, die den Schlaf raubt – das wird mit genauer Adressangabe gleich ans Umweltamt zur Messung weitergeleitet. Und eine Nachbarin beschrieb, dass die Ampel über die Goebenstraße an der Steinmetzstraße zu schlecht sichtbar ist – schlecht für die Schüler/innen der Neumark-Grundschule. Der Fall wird von der Polizei überprüft. Herr Hinz vom Präventionsteam der Polizei war einer der Ansprechpartner für eine Dame, deren ausländischer Nachbar sehr gemobbt wird. Aus dem Publikum kamen außerdem die Vorschläge, sich damit ans Mediationszentrum in der Dennewitzstraße oder die Antidiskriminierungsstelle zu wenden.

Eine gute Nachricht hatte Stadtrat Jörn Oltmann. E äußerte sich zuversichtlich zur Zukunft der BimA-Häuser im KulmerKiez: Nachdem der Bund nun seine Immobilien doch selber behalten wird, glaube er fest daran, dass der Bezirk im Fall einer Änderung sein Vorkaufsrecht zusammen mit der Gewobag ausüben könne. Das wäre gut für die Bewohner/innen.

Frau Heiß mit Urkunde: Schon im Pilotstadium wurde die Begegnunszone ADAC-prämiert
Herr Wohlfarth von Alm zeigte die Entwicklung in der Begegnunszone anhand vieler Folien

Nach den Bürger-Anfragen ging es um die „Begegenungszone Maaßenstraße“: Stadträtin Frau Heiß umriss kurz den Pilotversuch, der Autofahrer, Radler, Fußgänger, Menschen mit Einschränkungen auf einem umgebauten Straßenabschnitt zu einem gütlichen Miteinander bringen sollte. Ziel war, die Straße zu entschleunigen und für mehr Sicherheit zu sorgen. Herr Wohlfahrth von Alm hatte die ganz neuen Auswertungsergebnisse dazu aus der Senatsverwaltung mitgebracht. „Wir wollten das erst mal mit wenigen Mitteln ausprobieren, einen Test machen“, erklärte er. Die Fahrbahn sei einfach zu breit gewesen - „Profilierungsfahrten“ mit röhrendem Auspuff und zugeparkte Ränder waren die Folge, während sich auf dem schmalen Gehsteig Fahrradfahrer und Fußgänger neben Caféhaustischen kabbelten. Draußen sitzen, ohne sich im Café etwas zu bestellen, war gar nicht möglich.

Durch die Begegnungszone sei, so zeigte er an zahlreichen Folien, die Belastung durch den Autoverkehr entscheidend gesunken – in der Anzahl, aber auch in der Geschwindigkeit, und er laufe jetzt glatter. Immer noch werde viel irregulär zugeparkt, aber die Radler hätten nun mehr Platz und die Fußgänger – sie sind mehr geworden – können auf Bänken verpusten und müssten nicht mehr so lange warten, um über die Straße zu kommen. Auch viele Anregungen der Behindertenverbände seien aufgenommen worden. Die Gestaltung, das gab Wohlfarth von Alm gerne zu, sei aber verbesserungswürdig. Noch zu wenig Grün, kühle Bänke, kantige Poller: Wie man das besser nutzbar und schöner machen könnte, dazu werde es demnächst wieder eine Bürgerbeteiligung geben.

Teils gab es herbe Kritik an der Begegnunszone
Frau Heiß erklärt die Schritte im nächsten Beteiligungsverfahren

Die Reaktionen auf die Ergebnis-Vorstellung waren gemischt: Sie reichten von „Es ist für alle schlechter geworden, wann wird das wieder rückgebaut?“ bis zu konkreten Bitten um Verbesserung. Genannt wurden unter anderem Reflektoren für die abends kaum sichtbaren Poller, oder eine bessere Darstellung der Regeln, die in so einer Zone für alle gelten. Geäußert wurde auch die Bitte, die zugeparkten Straßen rund um die Begegnungszone besser zu kontrollieren und für glattere Fahrbahnen zu sorgen, damit Radler dort nicht den Bürgersteig als Rennstrecke nutzen müssen.

Übereinstimmend sprachen Frau Heiß und Herr von der Alm von vor allem positiven Rückmeldungen. Geld für glattere Straßen sei nun da, es werde im Kiez auch flächendeckend Parkraumbewirtschaftung geben – so sei die Kontrolle leichter. Materialien und Farben würden nachgebessert, so das Versprechen. Bei einem ersten Versuch probiere man zwangsläufig noch aus, nun soll es eine erste Runde mit Sofortmaßnahmen geben und dann eine zweite für Details. Die Bürgerbeteiligung könne durchaus in Form einer Begehung stattfinden. Ende des Jahres solle es losgehen, 2018 werde geplant und 2019 umgesetzt. Zuerst würden bei der Beteiligung bzw. Befragung Mängel und Wünsche abgefragt, dann Planungsvarianten vorgestellt, diskutiert - und dann entschieden und umgesetzt.

Zu den Blumen überreicht Peter Pulm vom QM noch ein Buch an Herrn Kroll

Zu guter Letzt erhielten noch zwei Männer Blumen und mehr: Verabschiedet wurden Herr Kroll, seit 1990 lang Chef des Stadtplanungsamtes, und Alexander Meyer, der seit 2012 zum Team Quartiersmanagement gehörte.

Herr Kroll, der natürlich für den ganzen Bezirk zuständig ist, hatte aber auch die eine oder andere Geschichte aus dem Schöneberger Norden zu erzählen, mit dem ihn Einiges verbindet. Auch hier ist unter seiner Verantwortung viel Neues entstanden und es kommen viele Erlebnissen und Geschichten zusammen! Verloren geht das aber nicht: Gemeinsam mit seinem Bezirksamts-Team und einigen Gastautoren, darunter auch ehemalige Stadträt/innen, arbeitet Herr Kroll gerade an einem Buch über 25 Jahre Stadtentwicklung im Bezirk. Ein Kapitel über den Schöneberger Norden gehört dazu. Und vielleicht stellt Herr Kroll das Buch auf einem der nächsten Präventionsratssitzungen persönlich vor. Ein großer Dank und ein guter Tropfen für seinen langjährigen Amtsleiter kam von Herrn Oltmann, Frau Lippert, im Bezirksamt fürs Quartiersmanagement zuständig, bedankte sich für die stets sehr gute Zusammenarbeit mit Blumen und Peter Pulm vom Team QM steuerte ein Buchgeschenk bei.

Frau Carrasko, die Nachfolgerin von Herrn Kroll, nutzte die Gelegenheit, um sich als neue Leiterin des Stadtentwicklungsamtes den Besucher/innen des Präventionsrates vorzustellen.

Vielen Dank und alles Gute für Alexander Meyer

Alexander Meyer blickt auf erfolgreiche Jahre im Team-QM zurück. Nun hat er bei der AG SPAS e.V. das Aufgabengebiet gewechselt. Im Schöneberger Norden schätzt man ihn für sein Engagement, seine Kompetenz und seine den Menschen zugewandte Art.  Er stand im Team vor allem für die Themen "Grün im Stadtteil", "Gesundheit", "Bewegung" und "Prostitution". Alexander Meyer wurde vom Team-QM und von Corinna Lippert herzlich verabschiedet. Er verließ die Bühne nach seinem Rückblick auf die Zeit im Schöneberger Norden ebenfalls mit Blumensträußen, Süßem und Büchern.

text/foros: Wolkenhauer