Schach in Schöneberg (2012)

Geballte Schach-Begeisterung: Auch am großen Schnellschachturnier nahmen Kinder vom Schachprojekt teil.

Mit Unterstützung des Quartiersmanagements wurde im Schuljahr 2011/2012 Schach in verschiedenen Schulen in Schöneberg sowie in der Kiezoase angeboten. Zwischen 30 und 40 Kinder nahmen das Angebot wahr und bestritten sogar mit Erfolg ihre ersten Turniere – zum Beispiel an Ostern und beim berlinweiten Schnellschachturnier - und absolvierten Schachprüfungen.

Mit dabei waren Kinder aus unterschiedlichen Schulen und der Kiezoase:


Aber warum ist es überhaupt sinnvoll Schach zu fördern?

Schach ist ein Spiel, das unser Gehirn auf besondere Weise beansprucht. Dabei geht es nicht nur um das Umherziehen irgendwelcher Figuren, um mit Glück zu gewinnen. Glück ist bei diesem Spiel nahezu ausgeschlossen. Es geht um strategische Planung, das Erkennen von Mustern, ein gutes Vorstellungsvermögen, Kreativität, exakte Berechnungen vielfältiger Kombinationsmöglichkeiten, Erkennen von Strukturen und Eigenschaften in einer zunächst wirren Stellung, etc. - kurz: Logik reicht bei weitem nicht aus, um ein guter Schachspieler zu werden.

Zahlreiche Studien bescheinigen daher die Verbesserung zahlreicher kognitiver Fähigkeiten. Eine große Studie stammt von der Uni Trier aus dem Jahr 2005, die über vier Jahre hinweg durchgeführt wurde. Auch Lese- u. Rechtschreibfähigkeiten wurden deutlich verbessert.
Wichtig ist dabei, dass die Verbesserungen unabhängig von der erreichten Spielstärke auftreten. Die bloße Beschäftigung mit dem Schachspiel reicht aus.
Aber die Figuren hinzustellen und kurz zu erklären wie sie ziehen können, wird den Schüler schon nach kurzer Zeit überfordern, wenn er auf die zahlreichen Facetten stößt, die ihm während des Spielens begegnen. Hier gilt: die Spielstärke des Schachlehrers ist zunächst nicht entscheidend, sondern die methodisch-didaktische Aufbereitung.

Schach zu erlernen ist ein langwieriger Prozess. Die Züge der Figuren sind nur die Spitze des Eisberges. Das eigentliche Schachspielen beginnt erst danach.
Das Projekt sollte die Menschen auf anspruchsvolle und doch auf spielerische Weise verbinden und somit nicht nur Leistung fördern, sondern auch Spaß machen und Nachbarschaft stärken. Schach ist sogar in in der Lage altersbedingte geistige Erkrankungen entgegenzuwirken.

Nationalitäten, Alter, sozialer oder religiöser Hintergrund spielen dabei keine Rolle. Jeder kann gegen jeden spielen. Das Schachbrett und die Figuren sind lediglich Vermittler zwischen zwei kämpfenden Geistern (man könnte auch ohne Brett spielen). Man lernt seinen Gegner auf besondere Weise kennen. Vorsichtige, zurückhaltende Charaktere können im Schach genauso wie impulsive und risikofreudige Charaktere ihren eigenen Spielstil entfalten.

Die Schüler lernen mit Fehlern umzugehen, sie sich einzugestehen, lösungsorientiert zu denken und mit der Zeit den anderen zu respektieren. Es ist wie ein stiller Dialog, bei dem man die Züge (Antworten) des Gegners nicht ignorieren sollte.

Das Projekt eröffnet den Teilnehmern eine alternative und auch sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Schach ist Kulturgut und wird die Teilnehmer bis ins hohe Alter begleiten können. Es ist generationsübergreifend und nicht selten wird das Spiel durch die Großeltern weitergegeben.

text/foto: Min Yung Mönning