Eigene Stärken entdecken

Mit der Kamera auf der Suche nach Identität und Orientierung. Foto: Malik
"Wir haben unsere Wünsche auf die Leinwand geworfen". Foto: Bahrs

Fragen von Identität und Orientierung sind existenziell für Jugendliche. Deshalb konzentrieren sich die STÄRKEN vor Ort Projekte „Ich bin's“ und „Soziales und berufsvorbereitendes Training für jugendliche Migranten“ darauf.  

„Wir haben uns mit der Kamera aufgenommen,“ sprudelt es aus Dilanzaza heraus. „Ich hab gesehen, dass ich mich zu viel bewege, mein Gesicht ständig anfasse, dass ich an meiner Sprache üben muss. Dann habe ich mich zum ersten Mal beworben und habe jetzt eine Honorarstelle in Neukölln.“

Die Fragezeichen, die Dilanzaza und die anderen Teilnehmer/innen in Bezug auf ihre Ausbildung bisher hatten, sind nun durch eine Perspektive oder sogar eine Ausbildungsstelle ersetzt worden.

„Man kann Träume haben, aber man muss ehrlich sich selbst gegenüber sein,“ sagt Projektleiter Hussein Yoldas von Gangway e.V., die mit dem Interkulturellen Haus in Schöneberg kooperieren. „Dann kann man in kleinen Schritten das Machbare tun.“

Das hat die Jugendlichen überzeugt. „Ich wollte Einzelhandelskaufmann werden, hab aber nichts bekommen,“ gibt Ilker offen zu. „Jetzt arbeite ich im Restaurant eines Bildungswerks, und das ist okay.“

In einem Atelier in der Katzlerstraße sitzen sechs Jugendliche um einen Tisch, sprechen wenig und zeichnen. An den Wänden hinter ihnen hängen großformatige, abstrakte, bunte Gemälde. In ihnen haben sie ausgedrückt, was sie sonst noch nie in Worte fassen konnten.

„Wir haben unsere Wünsche auf die Leinwand geworfen,“ sagt Dorothea Marquardt. „Es tut gut, sich auf künstlerische Weise auszudrücken.“

Die Projektleiterinnen Sofia Camaro und Hella Pergande sind beeindruckt von den Talenten der Jugendlichen, deren Werke es sogar in eine Ausstellung mit Yoko Ono schafften. „Sie setzen sich durch mit dem was sie gut können,“ sagt Sofia Camaro.

Rahel Puhl zeichnet geduldig eine hochgewachsene Dame aus einem Ernst Kirchner Bild nach. „Wenn mir ein Bild gefällt, möchte ich es nachzeichnen,“ sagt sie. „Ich entdecke neue Details, konzentriere mich. Gleichzeitig entspanne ich mich und kann nachdenken.“

Ein idealer Zustand, wenn es darum geht herauszufinden, wer man ist, was man kann und was man beruflich tun möchte.

Das Programm STÄRKEN vor Ort wird aus dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union kofinanziert.
Schöneberger Morgen Nr. 44