Von Stadtplanung über Jungensport bis Integrationslotsen: der Präventionsrat am 12. Juni 2014

Großes Interesse an Themen, die den Kiez betreffen

Wie entwickelt sich der Stadtteil, gerade auch in städtebaulicher Richtung? - Dass dieses Thema ein Dauerbrenner für Viele ist, zeigte sich gleich beim ersten Tagesordnungspunkt „Kiez aktuell“ auf dem Präventionsrat Schöneberger Norden am 12. Juni 2014. Gemeinsam hatten das Quartiersmanagement und Stadträtin Sibyll Klotz in den PallasT eingeladen, interessierte Anwohner/innen und auch Vertreter/innen der BVV-Fraktionen waren dem Angebot zu Austausch und Information gefolgt.

Die Planungen für das Grundstück Ecke Potsdamer und Langenscheidtstraße bildeten das erste große Thema in der Rubrik „Kiez aktuell“: Über dem U-Bahnhof Kleistpark und dem Gleistunnel befinden sich ein von Bäumen beschatteter Restaurant-Sommergarten und Freiflächen um eine Bar, nun will ein Investor auf dem derzeit noch als Grünfläche ausgewiesenen Grundstück ein Hotel errichten.

„Niemand fühlt sich so richtig verantwortlich für die Risiken eines solchen Baus“ monierte Christine Scherzinger von der BI Kleistpark. Nicht nur sei ein vom Bezirk schon 2010 gefordertes Interessenbekundungsverfahren von der Stadt Berlin beim Grundstücksverkauf umgangen worden, auch sei nicht klar, ob der Käufer die Risiken eines solchen Baus über den Tunnelanlagen absichern könne. „Wir brauchen kein neues Hotel, sondern Grünanlagen, und hoffen auf eine Kehrtwende in Richtung einer anderen Stadtentwicklungspolitik“, so der BI-Standpunkt.

Nach dem bindenden Beschluss der BVV von 2010 solle das Grundstück bebaut werden, so Frau Szalucki vom Stadtplanungsamt. Darauf hin hätte der Liegenschaftsfonds gehandelt und verkauft - nun gehe es darum zu sehen, was möglich sei. Der Entwurf des Investors sei schon zur Überarbeitung zurückverwiesen worden, gemeinsam mit dem Baukollegium werde eine architektonisch ansprechendere Fassade entwickelt. Erst nach der Abstimmung könne der Antrag auf Einleitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans gestellt werden. Für die Umwandlung der ausgewiesenen Grünfläche müsse selbstverständlich ein Umweltbericht erstellt und Ersatz geschaffen werden.

Wohnungen könnten an dieser sehr verkehrsbelasteten Ecke nicht entstehen, so Stadtentwicklungsdezernentin Sibyll Klotz. Nach den aktuellen strengen Richtlinien sei lediglich ein temporäres Wohnen im Hotel dort möglich. Kern des BVV-Beschlusses von 2010 sei gewesen, die durch Kriegsschäden entstandene Lücke als „Stadtreparatur“ in Traufhöhe zu schließen, dennoch versuche man jetzt, möglichst viel Einfluss zu nehmen.

Auch die ebenfalls leere Ecke gegenüber solle noch bebaut werden, ergänzte Christoph Götz, stadtenwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Statt des jetzigen Autohandels solle dort ein Atelierhaus entstehen, um die Gegend um die Universität der Künste zum Kunstcampus weiterzuentwickeln.
Das Verfahren jetzt noch abzubrechen bzw. neu aufzurollen sei auch eine Frage der Alternativen, so der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf Olschweski. Womöglich kämen bei einem Abbruch hohe Schadenersatzforderungen des Investors auf den Bezirk zu. Und Sabine Schneller von den Grünen wies nochmals auf das Problem der Ausgleichs-Grünfläche hin.

Da die teils emotional geführte Diskussion sich auf weitere stadtentwicklungspolitische Bereiche wie Wohnungsbau- und Grünflächenstrategien auszudehnen begann – was den Präventionsrats-Rahmen gesprengt hätte -, bot Frau Klotz an, sich gemeinsam mit den Vertreter/innen der Parteien um einen zeitnahen Termin zu bemühen und dann alle Interessierten ins Rathaus einzuladen, um die Diskussion weiterzuführen.

Stadträtin Dr. Sibyll Klotz beantwortet Fragen aus dem Publikum

Ein weiteres Thema aus dem Bereich „Kiez aktuell“ war die Vergabe des Sportplatzes auf dem Hellweg-Baumarkt-Dach: Der würde über das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg verwaltet, erklärte die bezirkliche QM-Koordinatorin Corinna Lippert – daher die Schwierigkeiten von Vereinen und Gruppen aus dem Kiez, an Trainingszeiten heranzukommen.

Die Anfrage nach einem barrierefreien Zugang zur Rampe von der Bülowstraße auf den Gleisdreieckpark konnte SPD-Vertreter Christoph Götz beantworten: Es gebe eine BVV-Beschlussvorlage, die Dennewitzstraße zur verkehrsberuhigten Zone zu machen und so ein „grünes Scharnier“ einzurichten.

In Sachen „Kontrolle von Ferienwohnungen“ müsse man sich an Stadtrat Oliver Schworck wenden, so Frau Klotz: Bei ihm sei ein Mitarbeiter angesiedelt, der die Nutzung als Miet- bzw. Ferienwohnung von Fall zu Fall überprüfen soll.

Zum Thema „Graffitiflächen“ bot sie weitere Gespräche an: Der Zugang zu bisherigen Flächen sei verwehrt, so Herr Omari, der sich um Graffiti als besondere Art von kulturellem Erbe in Schöneberg kümmert. Es sei sehr schwierig, legal an Wände zum Bemalen zu kommen, aber auch Graffiti-Sprayen gehöre doch zum Stadtteil; Klotz versprach, gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

Herr Fritsch und Frau Witthöft von der Pallasseum Wohnbauten KG bedankten sich bei Frau Bareiß und Herrn Ulrich für den Einsatz in Sachen PallasPark-Gärten

Mit einem großen Lob zum „Gemeinschaftsgarten PallasPark“ starteten die Projektvorstellungen des Tages: Herr Fritsch und Frau Witthöft von der Palasseum Wohnbauten KG rissen kurz die Verwandlung des heutigen PallasParks von einem öden Parklatz bis hin zum heutigen Kultur- und Gemeinschaftsgarten an und bedankten sich besonders herzlich und mit kleinen Geschenken bei den Mitwirkenden von der „Werkstatt“ des Notdienstes Berlin: Ohne die tatkräftige Reinigung und Entrümpelung des Geländes hätte beispielsweise der Gemeinschaftsgarten gar nicht entstehen können.

„Da musste wirklich eine Menge Müll und Bauschutt weg, bevor wir Mutterboden aufbringen konnten“, bestätigte Herr Ulrich von der „Werkstatt“, der auch von Frau Klotz eine Rose für 15 Jahre Notdienst-Engagement im Kiez entgegennahm. Außerdem hätten die Maßnahme-Beteiligten die Wege mit Palisaden umrandet, gepflanzt und ein größeres Gerätehäuschen aufgestellt.

Mit Gartenfotos im Hintergrund: Hüseyin Adigüzel an der Saz

„Alles wächst, Kräuter, Gemüse, demnächst auch Blumen“, bestätigte Jana Bareiß vom netzwerk startraumkultur e.V., die beim Projekt mitarbeitet und im Vorstand des neuen Vereins für den Gemeinschaftsgarten ist. Der war im Februar gegründet worden und sei seit ein paar Tagen als gemeinnützig anerkannt. „Wir sorgen uns um den Schutz der Natur, um die biologische Vielfalt und auch um Völkerverständigung“, erklärte sie die Vereinsziele. Mit Workshops und Aktionen sollten alle Gärtner/innen noch weiter zusammengeführt werden – und natürlich auch mit Festen wie den jährlich stattfindenden schöne[w]orttagen.

Staunend lauschte das Publikum nach der Garten-Vorstellung einem jungen Saz-Virtuosen: Hüseyin Adıgüzel spielt das Instrument mit Leidenschaft und großem Können - so manchem blieb da zurecht der Mund offen stehen, vielen Dank für die schöne Darbietung!

Das ist auch was für die "Indoor-Kids": Ümit Baygül lädt ein zum Programm des Netzwerks Jungensport

Viel ist in den vergangenen Monaten auch beim "Netzwerk Jungensport" passiert: Ümit Baygül von der GskA/Outreach betonte, wie wichtig es gerade für die "Indoor-Kids" sei, von Computer, Fernseher oder Handy mal wegzukommen, sich gesund zu ernähren, körperlich zu betätigen. Für die Kinder- und Jugendeinrichtungen im Stadtteil sei es nahezu unmöglich, während des laufenden Betriebs auch noch Sportangebote zu machen - daher habe sich das Netzwerk zum Ziel gesetzt, bekannte und auch "neue" Sportarten reihum bei seinen Mitgliedern anzubieten.
Fitness, Fußball, Tischtennis, Kicker, Klettern oder Bogenschießen stehen auf dem regelmäßigen Programm, und wie schon im vergangenen Jahr werden bestimmt auch dieses Mal Events wie Kanufahren, Tennis oder Jungencamps wieder begeisterten Zuspruch finden.
Auch die Väter sollen noch mehr als bisher mit einbezogen werden. "Wir wollen unser Programm erweitern", so Baygül, "aber schön wäre, wenn wir mehr Plätze für den Sport hätten."

Wie schwierig die Sportplatz-Vergabe ist, bestätigte auch Herr Thomas, Vorstand vom FC Internationale e.V., der als Partner mit dem Netzwerk zusammenarbeitet: Nicht-Vereine kämen bei der Verteilung der wenigen Möglichkeiten ganz zuletzt; der FC versuche zwar auch weiterhin zu unterstützen, aber die Kapazitäten der ehrenamtlichen Arbeit seien auch beschränkt. Trotzdem: Bei Events wie die Sommerferien-Fußballschule könnten gerne auch zwei oder drei Kinder aus dem Kiez mitmachen.

Erfolgreiche Arbeit: Frau Neu von Harmonie e.V. (rechts) mit den Integrationslots/innen und Ratsuchenden

Beeindruckend war die Präsentation der Intergrationslots/innen von Harmonie e.V.: Gemeinsam stellten Frau Neu vom Verein und die drei an der Katzlerstraße beheimateten Lots/innen Endersan T., Elena T. und Chabo S. die mehrsprachige Arbeit für Menschen vor, die neu in Deutschland sind und Hilfe bei Behördengängen, beim Formular-Ausfüllen oder bei Alltagsproblemen suchen.

"Ich komme aus Syrien und danke den Lotsen und Deutschland", so formulierte es ein Mann, der dort Hilfe in einem ihm noch fremden Land gefunden hatte. Wie eng der Kontakt ist und wie dankbar die Unterstüzten sind, zeigte sich auch darin, dass eine ganze Gruppe von ihnen bis zum Ende der langen Prärat-Sitzung ausgeharrt hatte, um auch einmal öffentlich auf die tolle Arbeit der Lots/innen hinzuweisen.

Mit Hinweisen auf das aktuell laufende Projekt "Empowerment im Quartier", Nachrichten aus dem Quartiersmanagement und Terminen für die nächsten anstehenden Veranstaltungen beschloss Peter Pulm vom Team QM das Treffen.

Sobald der Termin für die angekündigte Diskussion zur Stadtentwicklungspolitik in Tempelhof-Schöneberg feststeht, werden wir Ihnen natürlich hier im Internet Bescheid geben.

text/fotos: Susanne Wolkenhauer