KKK KiezKunstKultur - Serie Geschichtsorte: Die Lutherkirche

Seit fast 120 Jahren ein Ort der Ruhe und der Besinnung inmitten dem städtischen Trubels.

Im Schöneberger Norden gibt es mehr Sehenswürdigkeiten und Denkmäler als viele vielleicht vermuten. In dieser Ausgabe möchten wir Ihnen die Lutherkirche an der Bülowstraße etwas näher vorstellen.

Es vergeht kein kirchlicher Festtag, an dem nicht Scharen von Gemeindegliedern, welche den Gottesdienst suchen, vor der Kirchentüren umkehren, da sie keinen Platz mehr in der Kirche finden.“ Dieser Hilferuf nach dem Bau einer zweiten Gemeindekirche im Schöneberger Norden ereilte die Berliner Stadtverordneten 1880 aus der Zwölf Apostel Gemeinde in der Kurfürstenstraße.

14 Jahre später war es endlich soweit. Die Lutherkirche am Dennewitzplatz wurde in Anwesenheit der Kaiserin und der königlichen Hoheit Prinz Friedrich Leopold von Preußen und unter Posaunenklängen eingeweiht. Johannes Otzen war der Architekt und Bauleiter des neogotischen, roten Backsteinbaus. Die farbenprächtigen Glasfenster gestaltete der Schöneberger Künstler Alfred Kothe.

Zu den mehreren zehntausend Gemeindemitgliedern zählte Anfang der 1940er Jahre Walter Draesel, von „Walterchens Ballhaus“ in der gegenüberliegenden Bülowstraße 37. Regelmäßig verschlief er den Gottesdienst auf seinem Stammplatz. „Das macht nichts,“ pflegte er sein Gewissen zu beruhigen. „Hauptsache mein Herrgott sieht, dass ich da bin.“

Schwer litt die Kirche im November 1943 unter dem Beschuss von Phosphorbomben. Nach dem Wiederaufbau konnte sie weiter genutzt werden, doch gingen die Gemeindezahlen bis in die 1980er Jahre so dramatisch zurück, dass der Unterhalt nicht mehr bezahlt werden konnte und sich die wenigen Besucher/innen im benachbarten Gemeindehaus trafen.

2002 kaufte die American Church, eine ökumenische Glaubensgemeinschaft, in der englischsprachige Christen verschiedener Konfessionen vereint sind, das Gebäude. Nun sind die drei Kirchenschiffe wieder voll des bunten Treibens. Hier finden unter anderem die Gottesdienste, die Proben des Gospelchores, Nachhilfestunden, Gesprächskreise sowie die Lebensmittelverteilung an Bedürftige durch „Laib & Seele“ statt.

Durch die Teilnahme am interreligiösen Dialog verankerte sich die Gemeinde im Kiez. An dem Dialog beteiligte sich auch die Zwölf-Apostel-Gemeinde in der Kurfürstenstraße, wo einmal alles begann.

text: Wosnitza; foto: Bahrs