„Gewalt – Nein Danke!“: Projekt aus dem Schöneberger Norden gewinnt Preis beim Berliner Präventionstag 2011

Gratulation zum Sonderpreis!

Sechs Jugendfreizeiteinrichtungen aus dem Schöneberger Norden haben sich zusammengetan und gemeinsam ein Projekt gegen Gewalt entwickelt. Das Projekt hatte und hat Erfolg.
Dafür gab es beim Berliner Präventionstag am 3. November 2011 einen Sonderpreis - wir gratulieren!

Projekt „Gewalt – Nein Danke!“

"Gewalt - Nein Danke!" - Collagen aus der Villa Schöneberg ...
... aus dem Treff 62 ...
... aus dem Juxirkus ...
... aus dem Fresh 30 ...
... aus dem PallasT ...
... und aus dem Café Pink

Was ist passiert?

Ab Herbst 2009 kam es in mehreren Freizeiteinrichtungen der offenen Jugendarbeit in Schöneberg-Nord zum Phänomen des „Einrichtungstourismus“ durch eine Großgruppe von  Jugendlichen. Wenn diese einzeln in Einrichtungen erschienen, konnte gut mit diesen gearbeitet werden, aber wenn diese Jugendlichen als Gruppe auftraten, begann massiver Vandalismus. Dieser steigerte sich in Bereiche von Beleidigung, Bedrohung, etc. des Einrichtungspersonals und gegenüber anderen BesucherInnen. Verschmutzung und Zerstörungen waren eine häufige Folge des Erscheinens dieser Jugendlichen.
Zur Durchsetzung eines normalen Betriebes musste immer wieder die Polizei gerufen werden. Die Konsequenz waren Anzeigen gegen einige Jugendliche.


Um wen geht’s?

Die Gruppe bestand ausschließlich aus männlichen Jugendlichen zwischen 14 und 20, der Großteil um 16 Jahre alt. Die meisten kamen aus der Region Schöneberg-Nord und waren den Einrichtungen namentlich weitestgehend bekannt. Kennzeichnend für diese Gruppe war außerdem, dass alle Migrationshintergrund hatten. Ein Teil der Jugendlichen hatte zu dieser Zeit keinen Schulabschluss, keinen Ausbildungsplatz oder sind gerade von ihrer Schule verwiesen worden, bzw. von ihrer Ausbildungsstelle.
Die Jugendlichen waren polizeibekannt. Drogenkonsum und das Verweilen an Spielautomaten war ein fester Bestandteil ihrer Freizeitgestaltung. Beengte Wohnverhältnisse und familiäre Probleme waren bei allen Jugendlichen vorhanden, insbesondere fehlende väterliche Präsenz.


Was hatte das für Auswirkungen?

Die Sozialarbeit, wie sie in der Region geplant und gewünscht war, konnte nicht mehr aufrechterhalten und durchgeführt werden.
Durch das hohe Maß an Aggression und Ignoranz von Seiten der Jugendlichen haben die bisherigen Methoden der Jugendsozialarbeit bei diesen Jugendlichen keine Veränderungen herbeiführen können.
Die Atmosphäre in den Einrichtungen war sehr angespannt und teilweise nachhaltig gestört.
Friedliche und jüngere BesucherInnen mieden die Einrichtungen und einige Eltern verbaten ihren Kindern, die Freizeitstätten aufzusuchen.
Es entwickelte sich selbst bei Jüngeren das Selbstverständnis, in Konfliktsituationen umgehend auf verbale und später körperliche Gewalt zurückzugreifen.
Auf den Straßen gab es häufig Schlägereien, die bis hin zur schweren Körperverletzungen
reichten.


Was können wir dagegen tun?

Die betroffenen Einrichtungen haben sich zusammengesetzt, um einen gemeinsamen Überblick und Informationsstand herzustellen.
Es wurde ein Maßnahmenkatalog erstellt:

In der Region:

  • ein Notfall-Rundmailsystem erschaffen
  • Regelmäßige Krisensitzungen der betroffenen Einrichtungen
  • Verstärkte Zusammenarbeit mit dem Präventionsteam der Berliner Polizei und der Operativen Gruppe „Raub und Jugendgruppengewalt“+ größere Präsenz im Sozialraum
  • Enger Informationsaustausch über die agierenden Jugendlichen

In den Einrichtungen:

  • Gemeinsames Durchsetzen von Konsequenzen bei Grenzüberschreitungen
  • Erarbeitung von Hausordnungen + Visualisierung von Regeln
  • Intensives Arbeiten mit Einzelpersonen aus der betreffenden Gruppe
  • Teamsupervision


Parallel haben die Freizeitstätten begonnen, mit verschiedenen Projekten der Problematik zu begegnen:

  • einwöchiger Anti-Gewalt-Workshop für Kinder und Jugendliche
  • Vermittlung der betreffenden Personengruppe in bildungsrelevante Einrichtungen
  • Individuelles „Ausarbeiten“ (lange körperliche Arbeit) mit einzelnen Jugendlichen oder Kleingruppen in fremder Umgebung


Wie können wir die Zukunft besser gestalten?
   
Schwerpunktmäßig beschäftigte sich die regionale Runde der Jugendarbeiter (RRJ) mit der Frage, wie Aggressivität abgewendet und nach außen die Ablehnung von Gewalt gezeigt werden kann. Gleichzeitig wurde überlegt, wie eine breite Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisiert und eingebunden werden kann.
Ziel war nicht nur durch gezielte Arbeit mit diesen Jugendlichen die Spirale der Gewalt innerhalb dieser Gruppe einzudämmen, sondern auch die Auswirkungen auf jüngere Jugendliche und Kinder in den Einrichtungen in Grenzen zu halten. Es ging uns darum, die Kinder und Jugendlichen in ihrem Selbstverständnis in Bezug auf körperliche und verbale Gewalt zu sensibilisieren. Gleichzeitig ging es um die Vermittlung von Deeskalationsstrategien – für ein friedliches Miteinander.

Parallel zur Diskussion der Sozialarbeiter erfolgte in den Einrichtungen die Auseinandersetzung zur Gewalt mit den Besucherinnen und Besuchern.
Im Ergebnis entstanden Collagen im A 3 Format.
Auf der RRJ am 10. Februar wurden die Exponate und ihr Entstehungsprozess vorgestellt.
Am Aktionstag des Jugendamtes Tempelhof-Schöneberg (20.05.2011) wurden die Kollagen im Beisein der Stadträtin Frau Schöttler einem breiten Publikum vorgestellt.
Alle Arbeiten sollen in den Schöneberger Einrichtungen ausgestellt werden und den BesucherInnen vermitteln: „Hier ist eine gewaltfreie Zone“! Neben der künstlerischen Umsetzung werden Haltungen und Wünsche zur friedlichen Nutzung der BesucherInnen unserer Freizeiteinrichtungen deutlich:

Gewalt – Nein Danke!!

Noch mehr zu den Hintergründen für das Projekt erfahren Sie in einem Interview mit einigen der Einrichtungsleitern (PDF 79 kb).

text/fotos: Dokumentation "Gewalt - Nein Danke!"