Auswahlverfahren: „Qualifizierung zum Thema Straßenprostitution für Erzieher/innen, Sozialarbeiter/ innen und Lehrer/innen vor Ort“

Aufforderung zur Abgabe einer Interessenbekundung

Ausgangslage

Im Bereich rund um die Kurfürstenstraße liegt das größte zusammenhängende Straßenprostitutionsgebiet Berlins und vermutlich Europas. Seit mehr als 30 Jahren prostituieren sich hier auch drogenabhängige Frauen. In den letzten Jahren kam es zu einer Zunahme der Prostitution durch neu agierende Frauen aus osteuropäischen Ländern aber auch durch transsexuelle bzw. männliche Prostituierte. Die Kurfürstenstraße ist die Grenze zwischen den Bezirken Tempelhof-Schöneberg und Mitte. Betroffen sind weitere Straßen und Plätze der Umgebung, die in den Quartiersmanagementgebieten Schöneberger Norden und Tiergarten Süd liegen. Das Leben auf der Straße und im Wohnumfeld ist für die Bewohner/ innen stark beeinträchtigt und führt zu erheblichen Belastungen der Nachbarschaften, dies wird meist in der wärmeren Jahreszeit besonders deutlich.

In dem Gebiet befinden sich viele verschiedene Kinder-/ Jugend- und Familieneinrichtungen, Schulen und Religionsgemeinden. Mädchen und Jungen, auch im jugendlichen Alter und ihre Familien, aber auch Erzieher/innen, Sozialarbeiter/innen und Lehrer/innen werden täglich mit dem Tabuthema „Sexarbeit auf der Straße“ konfrontiert. Es kommt auch zu direkten Belästigungen der dort lebenden und arbeitenden Frauen und Männer durch Freier oder/und Prostituierte.

Es gibt viele vernetzte Maßnahmen aller zuständigen Behörden und Akteur/innen, um das Gleichgewicht zwischen den Auswirkungen der Prostitution, die nicht illegal ist, und dem Leben im Stadtteil in einem einigermaßen ausgewogenen Verhältnis zu halten.

Die pädagogischen Profis gehen auf sehr unterschiedliche Art und Weise mit dem Thema um und vermitteln es ebenso den Mädchen und Jungen, den Jugendlichen, den Müttern und Vätern. Unsicherheit und teilweise auch Angst bestimmen das Verhalten im Alltag: Wie antworte ich auf Kinderfragen? Welche Einstellung vermittelt meine Einrichtung den fragenden Eltern? Wie reagiere ich auf Jugendliche, die Prostituierte beschimpfen? Was rate ich den von Freiern belästigten Kolleginnen oder Müttern, größeren Geschwistern? Wie gehe ich speziell mit den Vätern um? Was rate ich Ihnen? Wo bekomme ich Unterstützung? Unterschiedliche kulturelle und religiöse Werte werden von Eltern wie Erzieher/innen, Sozialarbeiter/ innen etc. transportiert. Verhalten, Bewertungen sowie Stigmatisierungen im nachbarschaftlichen Miteinander basieren darauf und fallen sehr unterschiedlich aus.

Initiiert durch Mitarbeiterinnen der Bezirksämter und der QM-Teams wurde Ende 2009 eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich regelmäßig zum Thema „Miteinander von sozialen Einrichtungen und Straßenprostitution“ austauscht und berät. Aus diesem Kreis wurde ein Workshop auch für Erzieher/innen, Sozialarbeiter/innen, Lehrer/innen aus dem Gebiet im Oktober 2010 angeboten. Hier wurde die Idee der Qualifizierung von Mitarbeiter/innen in den sozialen Einrichtungen und Schulen zum Thema Umgang mit Prostitution rund um die Kurfürstenstraße weiterentwickelt und Themenfelder einer Fortbildung erarbeitet. Erneut wurden hier die Belastungen, die durch die Komplexität und Vielschichtigkeit des Themas Straßenprostitution und Nachbarschaft entsteht, deutlich.


Aufgaben und Ziele

Es soll eine Qualifizierung für rund 30 Mitarbeiter/innen sozialer Einrichtungen und Schulen rund um die Kurfürstenstraße angeboten werden. Folgende Module sind angedacht:

  • Das Wissen über Frauen- und Männer-Prostitution – medizinisch, sozial, gewerblich, rechtlich – soll überprüft und erweitert werden.
  • Das Selbstverständnis von Mitarbeiter/innen und ihren Einrichtungen sowie die spezifische Bewertung von Prostitution sollen beleuchtet werden. Verschiedene Aspekte, wie Religion und kultureller Hintergrund, müssen dabei Berücksichtigung finden. Falls nicht bereits vorhanden, soll ein abgestimmter Umgang mit diesem Thema in den jeweiligen Einrichtungen entwickelt werden.
  • Es sollen kindgerechte Antworten für die Fragen von Kindern gefunden werden. Das hat mit Aufklärung der Kinder zu tun, aber auch mit dem Beibringen/ Erlernen von Verhaltensmaßnahmen, um (verhaltens-)sicher in dieser Nachbarschaft aufzuwachsen.
  • Es sollen jugendgerechte Antworten auf Fragen und Handeln von Jugendlichen gefunden werden.
  • Die Erzieher/innen, Sozialarbeiter/innen und Lehrer/innen sollen Sicherheit bei der Diskussion mit Müttern und Vätern entwickeln können.
  • Es soll ein kurzer, prägnanter Leitfaden zum Umgang mit Prostitution in den Einrichtungen für die Mitarbeiter/innen erstellt werden.
  • Es soll eine Kartei von Facheinrichtungen für Nachfragen, fachliche Begleitung und/oder Schulung für die sozialen Einrichtungen erstellt werden.

Der Aspekt der Gewaltprävention und des interkulturellen Dialogs ist querschnittsorientiert in den Modulen mit zu bearbeiten.


Vorgehensweise

Die Qualifizierung umfasst eine prozessorientierte 2-3-tägige Fortbildung zu den unterschiedlichen Modulen bzw. Inhalten. Die Fortbildungstage sollen möglichst im Abstand von etwa 4-6 Wochen angeboten werden. Darüber hinaus soll ein Angebot für Nachqualifizierung und Überprüfung des Gelernten im 4. Quartal 2011 angeboten werden, z.B. in Form von Fallsupervision.
Es wird vorgeschlagen, jeweils gesamte Teams von Einrichtungen, die direkt im Einzugsgebiet der Straßenprostitution liegen, zu qualifizieren. Aus Einrichtungen, die etwas entfernter liegen, sollen nur einzelne Multiplikator/innen geschult werden. Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, aus eng miteinander vernetzten Einrichtungen Fortbildungsgruppen zu bilden.
Ein kurzer prägnanter Leitfaden für die Mitarbeiter/innen der verschiedenen Einrichtungen soll erstellt werden und den Einrichtungen über die Projektzeit hinaus zur Verfügung stehen. Die Inhalte sind mit den Einrichtungen und dem QM-Team abzustimmen.
Darüber hinaus soll eine Kartei verschiedener Beratungseinrichtungen erstellt werden, die von den sozialen Einrichtungen und Schulen vor Ort für Nachfragen/ Nachbetreuung/ Hilfestellung genutzt werden kann.

Das Projekt soll von Mitte Mai bis Ende Dezember 2011 laufen. Die Termine für die Qualifizierung sind in Absprache mit den Einrichtungen festzulegen.

Es ist möglich, im Rahmen der Angebotsabgabe eine Arbeitsgemeinschaft verschiedener Fachleute/ Institutionen zu bilden oder aber entsprechende Fachleute zu verpflichten.


Leistungsbeschreibung

  1. Beschreibung der einzelnen Qualifizierungsmodule mit Benennung der jeweiligen Dozent/ innen
  2. Koordination und Durchführung der Qualifizierungsmodule in Absprache mit den Einrichtungen vor Ort
  3. Erstellen eines kurzen prägnanten Leitfadens zum Umgang mit dem Thema Straßenprostitution für die sozialen Einrichtungen
  4. Erstellen einer Kartei verschiedener Beratungseinrichtungen zu den Qualifizierungsmodulen
  5. Dokumentation und Präsentation des Projektes in der erweiterten Fachgruppe Kurfürstenkiez
  6. Sicherstellen eines Auswertungsgesprächs im QM Schöneberger Norden zum Ende des Jahres 2011 bzw. zu Beginn des Jahres 2012
  7. Der Projektträger stellt einen QF2-Antrag bei der AG SPAS e.V./ Gebietsbeauftragte für das QM Schöneberger Norden und rechnet das Projekt gegenüber der AG SPAS e.V. ab.

Fördermittel

Für das Projekt stehen Fördermittel aus dem Quartiersfonds 2 für das Jahr 2011 zur Verfügung.


Projektlaufzeit

15.05.    – 31.12.2011


Einzureichende Unterlagen

  1. Darstellung des Qualifizierungskonzeptes, der Module und Methoden, Zeit- und Maßnahmeplan
  2. Verbindliche Benennung des/der Ansprechpartners/in für den gesamten Zeitraum
  3. OPTIONAL: Verbindliche Benennung der Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft
  4. Verbindliche Benennung der Dozent/innen der einzelnen Module
  5. Kosten- und Finanzierungsplan: Kostenpositionen (Personalkosten, Honorare und Sachkosten) sind differenziert aufzuschlüsseln (Stundenkalkulation inkl. Stundensatz), Pauschalbeträge werden nicht anerkannt; Beachtung des Gebots der finanziellen Besserstellung gem. Anlage 2 AV § 44 Nr. 1.3 der LHO; Bruttoangaben der Kosten; konkrete Darstellung des Leistungsbildes; ggf. Berücksichtigung der Kontoführungsgebühren für ein gesondertes Projektkonto; die Darstellung eines Eigenanteils von bis zu 10% der Gesamtfinanzierung ist erwünscht.
    Hinweis: für Buchhaltung und kaufmännische Steuerungsleistungen können max. 2% und für allgemeine Steuerungsleistungen max. 3% der originären Projektkosten in Ansatz gebracht werden.
  6. Selbstdarstellung, Nachweis der fachlichen Qualifikation und Referenzen (Erfahrung in den Bereichen Qualifizierung/ Fortbildung von Erzieher/innen und Sozialarbeiter/innen, die mit Kindern, Jugendlichen und Eltern arbeiten, Erfahrung in den Bereichen Aufklärung zu Sexualität und Prostitution, sexueller Gesundheit – unter Berücksichtigung ethischer, christlicher, muslimischer Werte)


Ausschreibungs-/ Bewerbungsfrist


Laufzeit (3 Wochen): 15.03.2011 – 05.04.2011, 14 Uhr

Die Bewerbungsunterlagen sind in schriftlicher und digitaler Form spätestens Dienstag, den 05.04.2011, 14 Uhr im VorOrtBüro des QM Schöneberger Norden in der Pallasstraße 5 in 10781 Berlin und unter QM[at]AG-SPAS[.]de einzureichen.


Ansprechperson


Corinna Lippert, QM-Schöneberger Norden, Tel. 030/ 236 385 85


Vergabekriterien

  • Qualität des Angebots (Konzept und Methoden, Maßnahme- und Zeitplan)
  • Kostenbewertung
  • Erfahrung bei der Durchführung von Projekten entsprechend der Leistungsbeschreibung
  • Referenzen/ Qualifikationen der Anbieter/innen
  • Angabe der verfügbaren Kapazitäten/ Technologien zur Umsetzung des Projekts
  • Erfahrungen in der Fördermittelabwicklung des Programms „Soziale Stadt“


Auswahl des Maßnahmeträgers

Die Auswahl des Maßnahmeträgers erfolgt durch ein Auswahlgremium. Dieses setzt sich aus Vertreter/innen des QM-Teams und Quartiersrates Schöneberger Norden, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg sowie sozialer Einrichtungen vor Ort zusammen. Es ist vorgesehen, die Bewerber/innen zu einem Auswahlgespräch in der 15. KW, möglichst am Montag, dem 11.04.2011 zwischen 14-18 Uhr, einzuladen.

Hinweise

Bei dem Auswahlverfahren handelt es sich nicht um ein Interessenbekundungsverfahren gem. § 7 LHO oder eine Ausschreibung im Sinne des § 55 LHO. Rechtliche Forderungen oder Ansprüche auf Ausführung einer Maßnahme oder finanzielle Mittel seitens der Bewerber/ innen bestehen mit der Teilnahme am Auswahlverfahren nicht. Die Teilnahme ist unverbindlich, Kosten werden den Bewerber/innen im Rahmen des Verfahrens nicht erstattet.

Die/der Auftragnehmer/in wird Projektträger und Fördernehmer/in einer Zuwendung aus dem Programm Soziale Stadt.

Die Anbieter erklären sich mit der Abgabe ihres Angebotes damit einverstanden, dass Teile ihres Angebotes im Rahmen des Auswahlverfahrens dem Auswahlgremium vorgelegt werden. Die Mitglieder des Auswahlgremiums sind verpflichtet, datenschutzrechtliche Bestimmungen einzuhalten. Sie dürfen die ihnen im Rahmen des Auswahlverfahrens zur Kenntnis gelangten Informationen nicht an Dritte weitergeben.

QM Schöneberger Norden
Berlin, den 15.03.2011

- Hier finden Sie den Text zum Auswahlverfahren als Download (PDF 27 kb).

text: Auswahlverfahren