Antwort des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller auf Brief vom Quartiersrat

Wichtiges Gremium im Kiez: der Quartiersrat

Anlässlich von Wohnungsräumungen ohne Gerichtsbeschluss in einem Haus an der Schöneberger Grunewaldstraße wandte sich der Quartiersrat Schöneberger Norden Ende Juni 2015 in einem Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller mit der dringlichen Bitte um Unterstützung für die bereits obdachlosen und weitere bedrohte Familien und forderte ein politisches Konzept zum Schutz zugewanderter Familien insbesondere aus Osteuropa. Mitte August hat Ihnen Michael Müller geantwortet – hier sein Brief im Wortlaut.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin
Senatskanzlei Jüdenstraße 1, 10176 Berlin (Postanschrift)

Quartiersrat Schöneberger Norden
c/o QM-Vor-Ort-Büro
Pallasstr. 5
10781 Berlin

12. August 2015


Sehr geehrte Damen und Herren,

mit lhrem Schreiben vom 24. Juni 2015, für das ich lhnen danke, haben Sie auf die schwierige Situation um die Grunewaldstr. 87 aufmerksam gemacht und um Unterstützung bei der Bewältigung der entstandenen Lage gebeten.
Ich möchte lhnen versichern, dass ich lhre Sorgen und lhre Empörung sehr gut verstehen kann und auch teile. Leider scheint es aber für Fälle wie aktuell die Grunewaldstr. 87 keine einfache und schnelle Lösung zu geben. Die verschiedenen Problemaspekte und vielschichtigen Ursachen des Dilemmas haben Sie in lhrem Schreiben bereits angesprochen.

Die drohende Verwahrlosung des Hauses ist für die staatlichen Stellen zunächst eine Frage der Wohnungsaufsicht. Die Handlungsmöglichkeiten nach dem Wohnungsaufsichtsgesetz sind allerdings beschränkt und die rechtsstaatlichen Verfahrensregularien lassen häufig keine kurzfristigen Ergebnisse zu. Zuständig für die Wohnungsaufsicht ist, wie Sie wissen, das Bezirksamt; mit Frau Bezirksstadträtin Dr. Klotz stehen Sie ja wohl auch in engem Kontakt. Der Senat ist ungeachtet der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung selbstverständlich um Unterstützung der Bezirke bemüht. In diesem Sinne hat sich Anfang Juli auch die Staatssekretärskonferenz mit der Problematik befasst. Infolge dessen fand auf Einladung des Staatssekretärs für Bauen und Wohnen, Herrn Prof. Dr. Lütke Daldrup, am 3. August 2015 eine Besprechung mit den Bezirksbaustadträten statt, in der das lnstrumentarium des Wohnungsaufsichtsgesetzes, des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes und andere Möglichkeiten erörtert wurden, um Entwicklungen wie in der Grunewaldstr. 87 entgegenzuwirken.

Bei der Unterbringung der von Obdachlosigkeit bedrohten Roma-Familien, die im besagten Haus in der Grunewaldstr. Zuflucht gesucht hatten, sind inzwischen zu einem Teil Lösungen gefunden worden. Wie mir berichtet wurde, konnte einer Reihe von Familien in der Zwischenzeit zu einer Unterbringung verholfen werden. Im Vordergrund standen dabei Familien mit Kleinkindern. Mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Arbeit, lntegration und Frauen berät und betreut der Verein Amaro Foro bereits seit März d. J. mit großem Engagement die im Haus untergekommenen Roma-Familien vor Ort in Angelegenheiten wie der mietrechtlichen Situation, von Einschulung, Arbeitssuche und anderen Hilfemöglichkeiten, die von staatlicher Seite sowie auf Seiten der Zivilgesellschaft zur Verfügung stehen. Gemeinsam mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg wird er den Roma-Familien aus dem Haus Grunewaldstr. 87 auch weiterhin zur Seite stehen.

In Bezug auf die Sicherheitslage möchte ich auf das große Engagement der Polizei im Kontakt mit den Anwohnern, Gewerbetreibenden und dem Bezirk verweisen, das Sie in lhrem Schreiben auch anerkannt haben. Die Polizei prüft derzeit Möglichkeiten zur weiteren lntensivierung und Optimierung der Ermittlungsarbeiten.

Mir ist bewusst, dass meine Hinweise für Sie nicht zufriedenstellend seien können. Ich kann insoweit jedoch nur um lhr Verständnis bitten und hoffen, dass es mit den ergriffenen und weiter zu ergreifenden Maßnahmen gelingen wird, die Situation für die Nachbarschaft und auch die Roma-Familien schrittweise zu verbessern.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Müller

text: Antwortschreiben RegBM (Einleitung: Wolkenhauer)