1. Schöneberger Kinder- und Jugendversammlung im Juxirkus
Am 25.11.2005 fand die erste Schöneberger Kinder- und Jugendversammlung im Juxirkus statt – eine Hauptforderung: Mehr Schutz für diejenigen, die auf dunklen Straße Angst haben müssen.
Anliegen an die Politiker: Das ist keine reine Erwachsenensache, das wurde bei der Kinder- und Jugendversammlung für den Schöneberger Norden im November 2005 ganz klar. Ebenso klar wurde, dass sich so manche/r Erwachsene/r schon in Sachen „Vortragen von Anliegen“ eine Scheibe von seinen jüngeren Zeitgenossen abschneiden kann: Eindrucksvolle Videos aus dem Öntököltörell und dem Café Pink machten die Forderung nach mehr Mitbestimmung in der Politik und die Angst vor dunklen Ecken im Kiez sehr klar. Schautafeln luden ein, sich in einer kurzen Pause bei Saft und Obst weitere für die Jugendlichen wichtige Themen zu Gemüte zu führen. Und statt Geredes über Jugendkultur gab es eine Powerpoint-Präsentation der evangelischen Jugend, Streetdance aus dem PallasT und Breakdancer der Einrichtung Outreach.
Auch auf dem Diskussionspodium machten die gewählten VertreterInnen der jüngeren Generation einen guten Eindruck:
Vier Mädchen und zwei Jungen verschiedener Altersstufen wandten sich mit ihren Anliegen mutig an Herrn Maiwald (Präventionsbeauftragter der Polizei), Frau Dr. Ziemer (Bezirksstadträtin für Gesundheit, Stadtentwicklung und Quartiersmanagement) sowie Frau Schöttler (Jugendstadträtin).
In Anlehnung an den Film des Café Pink wurde der Wunsch nach Sicherheit und mehr Beleuchtung im Schöneberger Norden an Herrn Maiwald heran getragen. Doch hier zeigten sich schon die verschiedenen Sichtweisen zu diesem Problem – die Grundfrage lautete schließlich „Wer hat sich eigentlich wie zu verhalten?“. „Wenn eine Gruppe von zehn Leuten in einer Straße steht, dann ist es mutig, da nicht lang zu laufen und einen anderen Weg zu wählen“, so der Präventionsbeauftragte.
Tim, als Vertreter der evangelischen Jugend, fragte hingegen, wieso Verhaltensanforderungen an Opfer gestellt und nicht bei den potentiellen Tätern präventiv gehandelt werden würde. Dem schloss sich auch Oberstufenvertretern Saskia an: Sie beklagte grundsätzlich die Situation in der wir uns befänden. Es sei nicht mehr möglich, seinen Weg durch die Straßen beliebig zu wählen, sondern man müsse hinsichtlich des Gefahrenpotentials entscheiden. Die Aufgabe, daran etwas zu ändern, liege bei Polizei und Politik - nicht bei den Opfern.
Auch das derzeitig Schulsystem mit seiner Trennung nach Begabung (und so nur zu oft nach Elternhaus) kam zur Sprache: Eine Jugendliche aus dem Publikum machte es mit hauptverantwortlich für aktuelle Missstände – wer für sich kaum Chancen auf ein gelungenes Berufsleben jenseits staatlichern Unterstützung sieht, wird leichter aggressiv. Eine befriedigende Antwort oder problembewusste Stellungnahme von Seiten der Verantwortlichen aus dem Bezirk erhielt die Fragestellerin nicht.
Viele weitere Anliegen, wie der Einsatz von Konfliktlotsen an Schulen oder eine gerechtere Verteilung der Gelder an soziale Einrichtungen, wurden von den Jugendlichen formuliert. Mutig trug ein Mädchen ein selbst geschriebenes Gedicht über ihre eigenen Ängste vor, andere widersprachen den VertreterInnen von Politik und Polizei und vertraten in der Diskussion lautstark ihre Forderungen.
Zu Recht fühlten sich die Jugendlichen in manchen Bereichen unverstanden und machten ihren Unmut auch deutlich zum Thema. Ergebnisse der Jugendversammlung und Zusagen von Politik und Polizei gab es trotz dieser Bemühungen seitens der jungen AnwohnerInnen des Bezirks kaum. Wie die Erwachsenen mit den Wünschen und Vorschlägen der zukünftigen (und, wie sich klar zeigte, oft schon in jungen Jahren) „mündigen BürgerInnen“ weiter umgehen, bleibt abzuwarten.
text: Rack/wolk; fotos: Lippert